Die vorliegende Publikation stellt das Ergebnis einer Zusammenarbeit der Sezessionistinnen und Sezessionisten mit dem Architekten Prof. Anatol Ginelli dar, die im Vorjahr in Form eines Symposiums umgesetzt wurde.
Dabei wurden mit dem Architekten gemeinsame Räume entwickelt, in die sich der bildende Künstler einbringt, sie gestaltet und so einen veränderlichen Raum entstehen läßt. Es werden verschiedene Standpunkte beleuchtet, die jeder Künstler individuell in seiner eigenen künstlerischen Sprache und Technik ausdrückt.
So muß z.B. das bildnerische Objekt nicht Teil des architektonischen Grundobjekts sein, sondern kann sein Gegenspieler sein; die Bezüge zur Architektur brauchen nur latent erkennbar sein.
Wesentlich ist das fertige Werk, das in seiner Dissonanz oder Harmonie zu einer Einheit führt und die Abhängigkeit von Architektur und bildender Kunst spürbar macht - eine Symbiose bildet.
Obwohl die visuelle Umsetzung explosionsartigen Veränderungen ausgesetzt ist, überleben entscheidende Ansichten doch die Zeiten, so z.B. jene von Walter Gropius, der in seinem Manifest zur Eröffnung des Staatlichen Bauhauses in Weimar, im April 1919 u.a. die enge Verbindung von Architektur, Plastik und Malerei proklamierte.
In diesem Sinne verstehen wir unser Projekt
Ausstellungen
Die Ausstellungsstrukur und -planung der Galerien und Museen hinken, finde ich, der aktuellen Kunstentwicklung nach.
Wer eine Ausstellung besucht, erwartet ein Kunsterlebnis. Kunst ist indessen auch etwas Spektakuläres. Kunst, sagt Ortega y Gasset, soll Chaos in die Ordnung bringen.
Für das Fortbestehen der Institution Kunsthaus/Museum/Galerie sind Spektakel und Inszenierung notwendig. Das Ausstellungswesen ist zu einem wichtigen gesellschaftlichen Unterhaltungs- und Informationsmedium geworden. Das Publikum begnügt sich nicht mehr mit Präsentationen auf großen weißen Wänden, vollgehängt mit flachen, rechteckig gerahmten Bildern, Raum für Raum.
Die Architekten reagieren bei Neubauten und Ausstellungen auf diese modernen Forderungen nach neuen Räumen und Environments der Kunst. Die Künstler selbst beziehen sich in ihren Werken hinsichtlich Größe und Maßstab, Struktur und Plazierung auf die neue Umgebung.
Das Künstlerhaus als Ausstellungsraum
Der Raum des Künstlerhauses als weiße Schachtel
ist vorgegeben, es gleicht zahllosen Museen der ganzen Welt: überall die ernsten, sachlichen Oberlichträume, nüchtern und weiß und hygienisch wie ein Anatomiesaal. Es gibt selten räumliche Verwandlungen, es gibt kaum Unterschiede des Lichts und der Objekt-Präsentation.
Rauminszenierung
Also, denke ich, ist für eine Ausstellung der Sezession Graz im Jahre 2000 eine Rauminszenierung möglich und nötig (auch wenn nur geringe Mittel zur Verfügung stehen).
Der leere Raum muß eingerichtet werden: Für die Bilderausstellung brauchen wir Konstruktionen/Gestelle als Bildträger - zum Aufhängen und Aufstellen der Kunstobjekte, - wollen wir nicht bloß die vorhandenen Wände behängen: ist doch die Leere das, was den Raum ausmacht.
In unserer visuellen Wahrnehmung werden Welt und Raum zum Bild. Wir sehen die Ganzheit des Bildes, aber auch Einzelheiten und Raumteile sowie Objekte vor einem Grund
.
Die Objekte/Konstruktionen stehen frei, sie wenden sich voneinander ab, neigen sich zu.
Die Raumwirkung wird mitbestimmt von den Dingen im Raum. Der subjektiv erlebte Raum mit den Objekten darin stellt sich bei jedem Blick und Schritt anders dar.
Die Konstruktionen
Die Konstruktionen können wir In-stallationen, gestellte Bildskulpturen, dreidimensionale Objekte, Manne-quins, Bildträger, Möbelstücke, Requisiten oder anders nennen.
Sie sind ganz zum Dienen gebaut. Dennoch besteht die Gefahr, daß diese Skulpturen
sich selbständig machen, ihre Harmlosigkeit verlieren und zu Ungetümen werden könnten, weil sie dem gestaltenden Künstler Limitationen aufzwingen. Aber sie könnten ihn konträr auch zum Gestalten anregen, auffordern, und sie zwingen ihn geradezu, auf sie entsprechend einzugehen.
Der technische Bauprozeß der Konstruktionen und die formale, weil materialbezogene Entscheidung sind offensichtlich. Gewiß hätte ich lieber Glas wegen seiner Transparenz und Imaterialität
statt der billigsten Holzspanplatten verwendet. Die Konstruktionen sind - außer der dienenden Funktion als Bildträger - sonst ohne Funktion, ohne ideologischen oder sozialen oder ... Beiklang. Sie transportieren keine Metaphern, sie sind nutzlos. Jeder Gebrauch ist Mißbrauch, meint Richard Serra.
Die Wirkung der Konstruktionen kann, wenn überhaupt, nur darin bestehen, daß sie sich jeweils ihren eigenen Platz und Raum schaffen. Sie hängen nicht unbedingt miteinander zusammen: Disjunktion als Intention und Intervention.
Die Konstruktionen setze ich bewußt in Widerspruch zu der vorhandenen Raumsituation, zu der Tyrannei der weißen Schachtel
. Die Künstlerinnen und Künstler stellen mit den Konstruktionen und ihren Werken ein Anti-Environment her, das seinen eigenen Ort, seine eigene Situation beansprucht, bezeichnet, deklariert. So dient es der Identifikation mit der Ausstellung und der Erinnerung an sie.