Eine Sezession wird gegründet von Wilhelm Thöny (1930?)
Vereinschronik über die Jahre 1923 - 1938(Seite»2»3»4»5»6»7»8)
von Margit Fritz-Schafschetzy und Wolfgang Silberbauer (1993)
Chronik der Sezession Graz(Seite »2»3»4»5»6»7»8)
von Trude Aldrian (1973)
Salut zum Siebziger! von Heribert Schwarzbauer (1993)
Der Generalversammlungsbericht desselben Jahres erzählt von einer bedeutenden Steigerung der Mitgliederzahl, die von 30 im Jahre 1924 auf 221 im Jahre 1926 gestiegen war. Neben den ausübenden Mitgliedern finden wir die Namen von Herren und Damen der ersten Grazer Gesellschaft, der Wirtschaft und der Industrie. Erwähnt wird ferner, daß zur Ausstattung der Kammer für Arbeiter und Angestellte die Mitglieder der Sezession mit 25 Bildwerken beteiligt gewesen waren.
Die Grazer Sezession hat aber auch auf anderen Gebieten von sich reden gemacht. Seit 1926 veranstaltete sie Vorträge und Musikabende mit heimischen und auswärtigen Kräften. Mit einem Kompositionsabend von Arthur Michl begannen am 8. April 1926 diese kulturellen Veranstaltungen. Es folgten noch im selben Jahr eine Dichterlesung von Franz Julius Schütz, 1927 eine Lesung von Theodor Däubler, zwei Vorträge von Adolf Loos, dazwischen liegen Kammermusikabende. Im selben Jahr begannen mit der Piperipiredoute
im Hotel Wiesler, dessen Besitzer Dr. Herbert Wiesler, langjähriger treuer Freund und Mitglied der Sezession, immer wieder die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, die berühmt gewordenen Faschingsveranstaltungen, denen auch die Zeitungen ausführliche Besprechungen widmeten. Im Fasching 1927 folgte die Redoute Die schwarze Nacht
und als Gesamtveranstaltung der Künstler von Graz unter Führung der Sezession in der Industriehalle Das blaue Wunder
, dem dann 1928 die Zinnoberredoute
folgte.Plakate, kleine künstlerische Kostbarkeiten, wurden für diese Feste hergestellt, Feste, die trotz der wirtschaftlich schlechten Zeiten von großartigen Einfällen und vibrierender Lebenslust sprühten. Das Reinerträgnis der großen Veranstaltungen floß dem Künstlerhausfonds zu: Hoffentlich wird dem 27jährigen Ringen der Künstlerschaft um diesen Bau, für den schon vor dem Krieg 200.000 Goldkronen bereitstanden, im Jahre 1928 der volle Erfolg beschieden sein
, so sprach Thöny im Jahre 1928. Gemeint war der geplante Umbau der alten Thalia in ein Künstlerhaus. Damals setzte sich auch die Sezession dank der Initiative ihres Präsidenten erfolgreich für die Aufstellung der Mariensäule am heutigen Platz Am Eisernen Tor ein.
Hier muß auch noch der beliebten 5-Uhr-Thees gedacht werden, die ab 15. Oktober 1927 während der Saison allwöchentlich zuerst im Hotel Wiesler, dann in der Opernbar veranstaltet wurden. Durch originelle Vorführungen boten sie bald einen großen Anziehungspunkt für die Grazer Gesellschaft. Wie bei den Vorträgen gelang es - ein Verdienst des rührigen Sekretärs Gustl Scheiger -, interessante, zugkräftige Programme zusammenzustellen, bei denen Schauspieler und Sänger der Grazer Bühnen, Kabarettisten, Tänzer und Tanzgruppen mitwirkten. Diese 5- Uhr-Thees haben dem gesellschaftlichen Ansehen der Sezession sehr genützt. Bürgermeister Muchitsch, die Herren der Kulturabteilung der Landesregierung, der Direktor der Landesgemäldegalerie und viele Männer und Frauen in angesehenen Stellungen waren gern gesehene Gäste und fühlten sich in der heiteren und geistreichen Atmosphäre des Künstlervolkes wohl. Selbstverständlich war durch die Mitgliedsbeiträ ge auch für die finanzielle Basis gesorgt.
In den Jahren zwischen 1928 und 1938 - also bis zur Auflösung durch die geänderte politische Lage - war das Schicksal der Sezession wechselvoll. Es gab viele Höhepunkte, aber auch Unannehmlichkeiten und Kämpfe um die Existenz. Wilhelm Thöny, der Präsident und geistige Führer; ging 1931 nach Paris, andere Mitglieder mußten anderswo ihr Brot Verdienen; so warfen die schlechten Wirtschaftsverhältnisse und die politischen Unruhen auch auf die Sezession ihre Schatten; dennoch aber blieb ihr Geist unangetastet.
Nach wie vor waren natürlich die Ausstellungen Hauptanliegen der Vereinigung. 1928 wurde anläßlich der 800-Jahr-Feier der Stadt Graz von allen Künstlervereinigungen gemeinsam eine große Kunstausstellung veranstaltet. Die Sezession, die Genossenschaft der bildenden Künstler, der Kunstverein, der Künstlerbund, der Werkbund und die Ortsgruppe Graz der Zentralvereinigung der österreichischen Architekten hatten sich in der Industriehalle zusammengefunden. Die Kritik hob besonders die Sezession hervor mit dem Hinweis, das sie es war, die das Grazer Kunstleben wieder in Bewegung gebracht habe. Erfolgreich beteiligten sich Mitglieder der Sezession an Wettbewerben, die die Stadt Graz zur Lösung von Regulierungsfragen in der Grazer Altstadt ausschrieb. Die Architekten Hofer, Sekely und Grubbauer, der Maler Fritz Silberbauer und der Keramiker Hans Adametz waren auch bei der Einrichtung und Ausstattung des vom Steiermärkischen Kunstverein in der Schubertstraße 31 errichteten Werkbundhauses vertreten, das in den Zeitungen als neue Baugedanken vermittelndes Wohnhaus eifrig besprochen und diskutiert wurde.
Im Ausstellungswesen gingen die Erfolge weiter. Wir lesen nicht nur gute Kritiken, sondern wir hören nun auch von Ankäufen seitens öffentlicher und privater Stellen. Das Land Steiermark besitzt eine stattliche Anzahl von Werken, die im Laufe jener Jahre aus den Sezessionsausstellungen erworben wurden, und so mancher heute hochgeschätzte Privatbesitz stammt aus den Ankäufen jener Jahre.
Die Jahresausstellung von 1930 bedeutete für die Sezession einen Höhepunkt. Thöny hatte nach seinem ersten kurzen Frankreich-Aufenthalt sein erstes großes Pariser Bild gemalt. Einige Kritiken seien hier wiederholt, weil sie nicht nur für die Künstler, sondern auch für die damaligen Kritiker bezeichnend sind, die mit viel Einfühlungsvermögen, großer Sachkenntnis und durch klare Formulierungen den Betrachter auf das Wesentliche hinzuweisen verstanden.
So fand Dr. Karl Heinz Dworak begeisterte Worte. In den Künstlertemperamenten sei eine treibende Kraft, deren Wollen und Ziele von Ausstellung zu Ausstellung immer deutlicher sichtbar werden. Die Künstler wären nicht modern, um sich interessant zu machen, sondern weil sie inneres Müssen dazu treibt. Treffend spricht er über die geistige Wirklichkeit
der Bilder. Ausgehend von einem Hinweis auf das geringe Verständnis des breiten Publikums der gegenwärtigen Kunst gegenüber, schreibt Dr. Alfred Wokaun, daß vieles in der Ausstellung stark und einleuchtend sei, als ein Stück unserer Sehnsucht und Träume; Thönys Pariser Bild nennt er eine Wunderwelt, aufrauschend im wechselnden Licht, beglücktes Ruhen herrsche in den Landschaften von Emil Krausz und Wickenburgs Zinnienstrauß erhelle auch den trübsten Novembertag; so findet er für jede Künstlerindividualität treffende Worte. Diese 6. Jahresausstellung fand überaus starken Beifall; Preise von Bund und Land wurden durch eine Jury vergeben. Der Direktor der Landesgemäldegalerie, Dr. Karl Garzarolli-Thurnlackh, übernahm Führungen, und Dr. Bruno Grimschitz von der Gemäldegalerie im Belvedere in Wien besuchte die Ausstellung und bekundete neuerdings sein großes Interesse an den steirischen Künstlern. Diese Ausstellung wurde im Anschluß im Münchner Kunstverein gezeigt, stand dort unter dem Ehrenschutz des österreichischen Konsuls und wurde in Anwesenheit der Spitzen der Behörden und des diplomatischen Corps eröffnet. Eine Einladung nach Berlin folgte. Wo immer die Sezession oder einzelne ihrer Künstler auftraten, in Berlin, in Paris, Prag, Brüssel, Bern oder New York, ihre Werke bestanden neben den besten - wie Besprechungen ausführen.