Eine Sezession wird gegründet von Wilhelm Thöny (1930?)
Vereinschronik über die Jahre 1923 - 1938(Seite»2»3»4»5»6»7»8)
von Margit Fritz-Schafschetzy und Wolfgang Silberbauer (1993)
Chronik der Sezession Graz(Seite »2»3»4»5»6»7»8)
von Trude Aldrian (1973)
Salut zum Siebziger! von Heribert Schwarzbauer (1993)
Wilhelm Thöny hatte gleich nach dem Krieg mit der Sezession wieder Verbindung aufgenommen; immer fühlte er sich mit ihr engst verbunden, was viele unveröffentlichte Briefe bezeugen. Um so schmerzvoller war - besonders für die alten Freunde - die Nachricht von seinem plötzlichen Tod am 1. Mai 1949. Noch 12 Stunden vorher hatte er seinen letzten Brief an die Sezession geschrieben, wohl auch in der Hoffnung, einmal, wenn auch nur besuchsweise, seine alten Freunde und Mitkämpfer wiederzusehen. Als im Herbst 1950 die Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum eine große retrospektive Schau der erreichbaren Werke Thönys durchführte, hat die Sezession ihre Hilfe und Unterstützung zur Verfügung gestellt. Prof. Zotter, der Präsident, hat bei der Eröffnung warme, der Erinnerung an den Gründer der Sezession gewidmete Worte gesprochen.
Nach einer Gastausstellung in Leoben im April desselben Jahres trat die Sezession im Mai mit bestem Erfolg in Wien an die Öffentlichkeit. Die Ausstellung in der Galerie Würthle wurde von Hofrat Garzaroili-Thurnlackh eröffnet, und Jorg Lampe, damals einer der bekanntesten Kritiker auf Wiener Boden, meinte u. a.: ...Die Grazer erweisen sich vielseitiger als die Wiener...
Ein großes Verdienst der Sezession war das Arrangement einer gemeinsamen Biennalefahrt nach Venedig im September 1950, an die sich alle damaligen Teilnehmer bis heute gern erinnern.
Bald darauf, im Feber 1951, fand wieder eine Änderung in der Führung des Vereines statt. Wieder fiel die Wahl auf einen Architekten. Hochschulprofessor Dipi.-Ing. Architekt Karl Raimund Lorenz wurde Zotters Nachfolger; Kurt Weber und Franz Rogler die Vizepräsidenten. Mit Rogler war das erstemal ein junger, aufstrebender Künstler in den Vorstand berufen worden. Die Ehrenmitgliedschaft wurde Univ.-Prof. Dr. Wladimir Sas-Salosziezky verliehen, Vorstand der Lehrkanzel für Kunstgeschichte an der Grazer Universität, der für die Sezession großes Interesse bekundete.
Reger Ausstellungsbetrieb herrschte in diesem Jahr. Schon im Feber eröffnete Dr. Alfred Mikesch, Direktor der Böhler-Werke in Kapfenberg, eine von alten und jungen Sezessionisten beschickte Schau. Bald darauf, im Mai, präsentierten sie sich in Weiz. Vorher schon, im April, aber hatte die Sezession ganz Graz, Kunstbeflissene und Schaulustige, auf die Beine gebracht: die Galerie der Straße
in den Schaufenstern des Kaufhauses Scheiner als 31. Ausstellung. Spaltenlange Berichte in allen Grazer Zeitungen brachten Kritiken und wiederholten Äußerungen des Publikums - ...Graz hat wieder seine Sensation
, Moderne Bilder zwischen den Stoffen...
Besonders erwähnt werden die Bilder von Franz Rogler, der am Arrangement maßgeblich beteiligt war, von Hans Nagelmüller, Hans Fronius, Vevean Oviette, Günther Waldorf, Richard Winkler sowie der alten Sezessionisten Wickenburg, Silberbauer und Wagula. Als dann in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre - 1966, 1967 und 1969 - die Schaufenster wieder zum Ausstellungsraum wurden, war der Publikumserfolg nicht mehr so groß. Weiter verzeichnen die Zeitungen eine Ausstellung Polnische Volkskunst
im Redoutensaal im Juni 1951, die wieder weite Kreise des Publikums anzog.
Seit der Eröffnung des Künstlerhauses im Juni 1952 fanden die Jahresausstellungen der Sezession dort statt; es waren jene Ausstellungen, die dem künstlerischen Wandel und der durch die Zeit bedingten Geschmacksänderung am stärksten Rechnung trugen. Dennoch aber zeigten sich im Laufe der Jahre - auch wieder zeitbedingt - gewisse Stagnationen und Gleichförmigkeiten. Darüber hinaus blieben kleinere Ausstellungen weiterhin Anliegen der Vereinigung. Noch im April war die Sezession in Zusammenarbeit mit der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum um die Beschaffung der Arte Concreta
bemüht, und die Teilnahme an der Wiener Ausstellung der Föderation moderner bildender Künstler
im Juni 1952 brachte den Grazern beste Kritiken. Im Jahre 1953 veränderte sich neuerdings die Führung in der Sezession. Ein Maler, Rudolf Pointner, trat als Präsident an die Spitze. Unter seiner sich über 14 Jahre erstreckenden Präsidentschaft erlebte die Sezession Höhepunkte und große Erfolge. Im Laufe der Jahre aber veränderten Mißstimmungen und Umwandlungen in der inneren Struktur der Vereinigung ihr Gesicht; die Zugehörigkeit zu vorgezeichneten Richtungen war wichtiger geworden als die von der alten Sezession immer postulierte Qualität. Gustav Scheiger legte das Sekretariat zurück, die Gründungsmitglieder Wickenburg und Silberbauer u. a. der älteren Generation waren nicht mehr bereit mitzutun.
Noch aber sind wir im Jahre 1953. Als neue Idee präsentierten die Künstler der Sezession Grafiken in den Wandelgängen des Opernhauses. In der großen Frühjahrsausstellung war ein Teil des Künstlerhauses der Gedächtnisausstellung für Hans Nagelmüller gewidmet, der am 18. Feber 1953 verstorben war. Nagelmüller war ein Schüler von Alfred Wikkenburg. Seine Malerei strebte einem Höhepunkt zu, als der Tod ihn abberief. Zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum kam es im September/Oktober 1953, als dort unter dem Titel Farbige Graphik
103 Arbeiten von 22 Sezessionisten ausgestellt wurden. Fast alle Blätter waren in der unmittelbaren Gegenwart entstanden und folgten der aktuellen informellen Richtung.
Die Vereinsausstellungen der kommenden Jahre wurden - abgesehen von guten und interessanten Beiträgen der Mitglieder - durch internationale Sonderschauen bereichert. So konnten 1954 Gäste der Wiener Sezession begrüßt werden; gleichzeitig war internationale Gaphik mit Blättern von Alfred Manessier, Max Ernst, Henry Matisse, Joan Miro, Hans Arp, Jacques Villon und Waldemar Elenbas in der Apsis exponiert. Auch 1955 bemühte sich die Sezession, über den nationalen Rahmen hinauszugreifen. Das Berner Kunstmuseum stellte für die Jahresausstellung im Dezember 35 Aquarelle und Zeichnungen von Paul Klee zur Verfügung, und 30 Graphiken von Künstlern der Ecole de Paris waren Leihgaben der Galerie Arnaud, Paris. 1956 bereicherte eine Sonderschau von Druckgraphiken von Victor Vasarely die von Ulrich Baumgartner als sehr attraktiv besprochene Ausstellung; die Künstler-Individualitäten seien nicht in Konformität verstrickt, sondern, unterschieden sich prinzipiell. Im November/Dezember 1957 fand sich die junge Generation der Sezessionisten mit jener des Werkbundes im Steiermärkischen Kunstverein in der Galleria Fontanella in Rom ein. Die Ausstellung stand unter dem Schutz des damaligen Leiters des Österreichischen Kulturinstitutes, Heinz Hilpert. Neben der Jahresausstellung konnten als Gemeinschaftsveranstaltung mit der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum Sechs Maler aus Turin und Mailand
vorgestellt werden. Hatte man sich schon 1954 durch Veranstaltung eines Balles der Sezession im Silbersaal des Hotels Steirerhof der früheren gesellschaftlichen Stellung der Sezession erinnert, brachte das Jahr 1958 wiederum eine große gesellschaftliche Reunion. Ein Ball mit Kopfschmuck
vereinigte am 20. Feber die faschings- und tanzlustigen Sezessionisten. Bei der Jahresausstellung gab es wieder illustre Gäste. Piet Mondrian wurde mit elf druckgraphischen Blättern vorgestellt. Daneben aber mußten sich Gäste, die aus Wien kamen, neben verständnisvollen Worten auch scharfe Kritik gefallen lassen. Es erinnert beinahe an die Auslassungen von Hans Löschnig zur 1. Sezessionsausstellung im Jahre 1924, wenn er vor den Bildern von Markus Prachensky, Arnulf Rainer, Josef Micki und Wolfgang Hollegha von Klecksereien
u. ä. gesprochen hatte und man der Sezession wegen dieser Sendboten aus der Metropole
Vorwürfe machte. Im März 1959 stellte sich die Sezession der Presse. Dr. Richard Rubinig, der geistige Motor der Sezession jener Jahre, Kunstkritiker, Kunstsammler und profunder Kenner der Moderne, berichtete über die Leistungen des Vereines. Unter den 35 aktiven Mitgliedern waren folgende Staatspreisträger: Alfred Wickenburg, Hanns Wagula, Kurt Weber, Fritz Audatz und Fritz Silberbauer. Er wies auf die Auslandserfolge einzelner Mitglieder hin, die sie in Amsterdam, Bern, Mailand, Turin, Johannesburg und Warschau errungen hatten. Er berichtete, daß Gartenarchitekt Hans Grubbauer mit der Gartengestaltung des österreichischen Pavillons auf der Brüsseler Weltausstellung betraut worden war. Gottfried Fabian, von Dr. Will Sandberg, dem Direktor des Stedelyk-Museums in Amsterdam besonders gefördert, erhielt im Rahmen einer österreichischen Kunstausstellung einen eigenen Saal. Damals war die Sezession ohne Zweifel in Hochform, sie wurde gefördert, und die Auslandsausstellungen machten ihren Namen über die Grenzen der Heimat bekannt. In der Ausstellung Steirische Künstler der Gegenwart
anläßlich des Steirischen Gedenkjahres
hatte die Sezession die undankbare Aufgabe, ihre Bilder in der Apsis zu gruppieren, bestens gelöst. Zur Jahresausstellung im Dezember war Hans Breustedt, ein großer Verehrer von Paul Klee, mit einer Anzahl von Bildern zu Gast; daneben machten wieder Druckgraphiken aus Frankreich mit Malern der Ecole de Paris bekannt. Der Leihgeber war Dr. Rubinig, der auch schon die Vasarely-Graphik zur Verfügung gestellt hatte.