Eine Sezession wird gegründet von Wilhelm Thöny (1930?)
Vereinschronik über die Jahre 1923 - 1938(Seite»2»3»4»5»6»7»8)
von Margit Fritz-Schafschetzy und Wolfgang Silberbauer (1993)
Chronik der Sezession Graz(Seite »2»3»4»5»6»7»8)
von Trude Aldrian (1973)
Salut zum Siebziger! von Heribert Schwarzbauer (1993)
Schon im Sommer des Jahres 1945 erging ein Aufruf durch die Zeitung Neue Steirische Zeitung
vom Sonntag, 22. Juli 1945 über die Wiedereröffnung der Grazer Sezession. Alle ehemaligen Mitglieder mögen zu einem Treffen am 26. Juli 1945 um ½7 Uhr ins Hotel Wiesler kommen. Die gleiche Zeitung meldet am 28. September 1945, daß kürzlich die konstituierende Versammlung der ausübenden Künstler stattgefunden habe. Zu Präsidenten wurden gewählt: Maler Prof. P. R. Oberhuber, Alfred Wickenburg und Prof. Architekt Friedrich Zotter, Ehrenpräsident bleibt der in New York lebende Maler Wilhelm Thöny, geschäftsführender Sekretär Major Gustav Scheiger. Ein Ausschuß der außerordentlichen Mitglieder wurde ins Leben gerufen, ebenso ein Arbeitsrat zur Vorbereitung von Ausstellungen und Veranstaltungen. Auch an ein Kunsterziehungsreferat war gedacht. Noch im Oktober desselben Jahres wurde in der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum die 15. Ausstellung und gleichzeitig erste Nachkriegsausstellung der Sezession durchgeführt. Bereits ein Jahr später, im Oktober 1946, übernahm Alfred Wickenburg das Amt des Präsidenten. Prof. Zotter wurde zum ersten und der Maler Rudolf Pointner zum zweiten Vizepräsidenten ernannt. Eine zwar undatierte, aber vermutlich dieser Zeit angehörende Liste der ordentlichen Mitglieder vermittelt uns die Namen von neuen jungen Sezessionisten, des Malers Hans Bauer und des Graphikers Fritz Krainz. Schließlich zeigt eine lange Namensliste für die Einzuladenden auf, daß die Sezession wie ehemals bemüht war, die beste Grazer Gesellschaft, die Honoratioren von Stadt und Land, der Wirtschaft und der Industrie für ihre künstlerischen Ziele zu interessieren. Dazu dienten wie ehemals Vortragsabende über moderne Kunst, Literatur und Musik. Schon im März 1946 - man gedenke der außerordentlich schwierigen und von Hunger und Elend bestimmten Monate nach Schluß des unglückseligen Krieges - rief die Sezession zu einer Plauderei
über den französischen Impressionismus mit Dr. Marcel d'Autelin als Vortragenden in das Meerscheinschlößl ein. Alfred Wickenburg trat als Mentor für die Kunst der Gegenwart hervor - ihm waren alle zeitgenössischen Bestrebungen bekannt, die durch Jahre keinen Eingang in unser Land gefunden hatten. Die Bühnenbildnerei wurde in Vorträgen von Emil Pirchan und Joseph Gregor behandelt. Vorträge, die durch das Zusammenwirken von Sezession, Urania und der österreichischen Kulturvereinigung zustande kamen. Auch Prof. Dr. Fritz Novotny von der österreichischen Galerie, der anerkannte Cezanneforscher, wurde eingeladen. Er sprach in der Neuen Galerie, die damals gerne ihre Räume der Zusammenarbeit mit der Sezession eröffnete. Bei einem Lichtbildervortrag sprach Alfred Wickenburg über Picasso, Hans Bauer über Bonnard und Kurt Weber über Matisse. Der Dichter Rudolf Stibill und der Musiker und Komponist Weishappel waren gern gesehene Gäste. Auch an den Veranstaltungen der Grazer Festspiele im Jahre 1948 war die Sezession durch eine Sonderveranstaltung am 4. Juli Matinee moderner Meister, Siegl, Krenek und Honegger
beteiligt.
Mit der gleichen Begeisterung trieben die Sezessionisten ihre Ausstellungen voran. Bis zur Eröffnung des Künstlerhauses im Juni 1952 fanden diese Ausstellungen im Landesmuseum Joanneum, in der Thalia, aber auch in der Neuen Galerie in der Sackstraße eine Heimstätte. Da es nicht möglich ist, alle Ausstellungen gesondert anzuführen, sei vermerkt, daß z. B. innerhalb von zwei Jahren, von 1947-1949, zehn Ausstellungen stattfanden, daß die Sezessionisten auch die Provinz in ihre Ausstellungspläne einbezogen, wie etwa schon 1946 Deutschlandsberg. In der 17. Ausstellung im Oktober/November 1947 tauchen neue Namen von jungen Künstlern auf: Ernst Paar, Margarethe Bilger, Günther Waldorf, Ingomar Hatle, Hans Nagelmüller, Sepp Bändereck u. a. Diese Ausstellung und die folgenden zeigten, daß die Sezessionisten mit der Gegenwartskunst bereits Schritt hielten; es wurde viel diskutiert, und das Publikum bewies großes Interesse, wenn es auch oft negativ urteilte. Univ.-Prof. DDr. Hans Riehl, Gründer und Vorstand der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum, wurde im selben Jahr zum Ehrenmitglied ernannt. Die 20. Ausstellung im Dezember 1948 war dem Gedenken an die frühverstorbenen Mitglieder gewidmet, an die Maler Erich Hönig, Hans Bauer, an den Architekten Herbert Eichholzer, an den Bildhauer Emil Zeides. Anläßlich des 25jährigen Bestehens der Sezession fand im Juni 1949 die 23. Ausstellung als Jubiläum im Landesmuseum Joanneum statt, die von Ulrich Baumgartner mit eingehenden und gescheiten Worten kommentiert wurde. Die Künstler der Grazer Sezession hätten im weitesten Sinne begriffen, daß durch die geänderte soziale Situation der Kunst Neuland erwachsen ist. Ihre Werke wären verständlich, wenn man den Menschen nicht mehr als Mittelpunkt sehe.
1949 folgte die Sezession einer Einladung der Stadt Linz, wo die 24. Ausstellung durchgeführt wurde. Sie wurde von einem bebilderten Katalog begleitet - eine Leistung in dieser wirtschaftlich noch so unsicheren Zeit. Im kurzen Vorwort wird darauf hingewiesen, daß wie eh und je für die künstlerischen Ziele der Sezession allein die Qualität maßgebend sei und nicht eine bestimmte Richtung. Diese Ausstellung wurde im Anschluß noch im Künstlerhaus in Salzburg gezeigt. Im gleichen Jahr konnte noch eine kleinere Schau in Knittelfeld eröffnet werden. Ein besonderes Ereignis bedeutete die erste Auslandausstellung der Sezession in Bengtfors in Schweden, die ihr, wie aus den Kritiken zu entnehmen, viel Anerkennung brachte. Noch unter der Präsidentschaft Wickenburgs hatte die Sezession einen schweren Verlust zu beklagen. Der bekannte Maler und liebe Kamerad und Freund Hans Bauer, dessen bald darauf - wie umseitig erwähnt - in der 20. Ausstellung gedacht wurde, hatte am 24. Oktober 1947 seinem Leben selbst ein Ende gemacht. Er war, wie auch eine Gedächtnisausstellung im Jahre 1972 bewies, ein Suchender auf dem Wege zur Wahrheit und zu sich selbst und zerbrach an den unbewältigten Problemen.
Die Generalversammlung im Jänner 1949 brachte einen Wechsel im Vorstand: Präsident wurde Hochschulprofessor Dipl.-Ing. Architekt Friedrich Zotter, die zwei Vizepräsidenten waren Alfred Wickenburg und Hanns Wagula, ferner gehörten zum Vorstand: die Maler Kurt Weber und Hans Nagelmüller, Architekt Dipi.Ing. Wilhelm Aduatz, Gartenarchitekt Hans Grubbauer und der Graphiker Fritz Krainz. Sie übten bis Jänner 1951 eine sehr erfolgreiche Tätigkeit aus. Die bedeutendsten Leistungen waren die durch gute Verbindung mit dem französischen Kulturinstitut durchgeführten Vorführungen französischer Kultur- und Kunstfilme, die meist im Rechbauerkino nach der Abendvorstellung über die Leinwand gingen und trotz der späten Abendstunden viel Publikumserfolg und ausführliche Zeitungskritiken hatten. Ebenso erfolgreich waren die jeden Mittwoch abend unter der Devise Hier spricht die Sezession
gesendeten Radiovorträge, in denen ebenfalls zu den aktuellen Problemen der bildenden Kunst, der Literatur und Musik Stellung genommen wurde; besonders hat sich Kurt Weber bei diesen Aktionen verdient gemacht.
In diesen Jahren erregte auch Hans Wagula, der in ganz Europa durch seine vielfach bepreiste und gesuchte Gebrauchsgraphik bekannt geworden war, Aufsehen durch seine Schmalfilme. Er hatte die Wunderwelt des Kleinen, wie etwa im Regentropfen
, das große Schauspiel der Natur im Wanderer
oder in den Impressionen aus Ischia
eingefangen und hatte sich namhafte Mitspieler gesucht - im Wanderer Hans Bauer, in Ischia Werner Gilles. Von seinen Normalfilmen sei nur erinnert an die Salzburger Impressionen
oder den Grazer Film
, beide erst in den späten fünfziger Jahren entstanden.
Aber wir haben dem Gang der Ereignisse vorgegriffen.