Eine Sezession wird gegründet von Wilhelm Thöny (1930?)
Vereinschronik über die Jahre 1923 - 1938(Seite»2»3»4»5»6»7»8)
von Margit Fritz-Schafschetzy und Wolfgang Silberbauer (1993)
Chronik der Sezession Graz(Seite »2»3»4»5»6»7»8)
von Trude Aldrian (1973)
Salut zum Siebziger! von Heribert Schwarzbauer (1993)
Noch in diesem Jahr, 1930, verlor die Sezession durch einen tragischen Tod eines ihrer vielversprechendsten Mitglieder. Emil Krausz war in Meudon bei Versailles plötzlich gestorben. Seinem Werk war im folgenden Jahr 1931 die Jahresausstellung gewidmet. 50 Ölbilder und 85 Zeichnungen - zumeist Landschaftsmotive - dieses begabten Künstlers konnten gezeigt werden, darunter einige, die heute im Besitz des Landes Steiermark und der Stadt Graz sind, während die meisten anderen Werke sich im Ausland befinden.
Zur gleichen Zeit präsentierten sich die Künstler der Sezession in der Galerie Porza in Berlin. Zu den alten Mitgliedern waren noch Kurt Weber, Hans Fronius und Richard Larsen gestoßen. Ein schöner Katalog begleitete die aus 72 Exponaten bestehende Ausstellung.
Über die 8. Jahresausstellung berichtet uns ein reich mit Bildern versehener Aufsatz in der Zeitschrift österreichische Kunst (7. Jahrgang, 7. Heft). Wir begegnen den neuen jungen Mitgliedern Hans Stockbauer und Ernst Paar.
Das Jahr 1932 brachte trotz der schweren wirtschaftlichen und politischen Krisen immer noch Arbeit und Anerkennung.
Ein ausführlicher Tätigkeitsbericht macht uns staunen über die Vielfalt der Arbeiten der Sezession, der einzelnen Mitglieder und der Fülle der Veranstaltungen. Dieses Jahr brachte aber noch eine weitere Veränderung: Seit Thöny 1931 nach Paris gegangen war, lag ein Großteil der Verantwortung für den Verein, dessen Präsident Thöny geblieben war, auf den Vizepräsidenten Alfred Wickenburg und Friedrich Zotter.
1933 konnte die Sezession ihr zehnjähriges Bestehen feiern. Ein schöner Katalog führt in die große Ausstellung ein. Dr. Robert Graf schrieb den Festartikel Die Grazer Sezession von 1923-1933
, Hans Leifhelm erzählte über Steirisches Land - Steirische Kunst
, und Alfred Wickenburg spricht über die Sezession, ihre Einstellung zur Kunst, ihre Ziele und ihr Verhältnis zum Publikum. Die Ausstellenden waren die Maler: Thöny, Wickenburg, Silberbauer, Krausz, Hönig, Leskoschek, Fronius, Klemencic, Stockbauer; die Bildhauer: Mauracher und Ritter; die Architekten: Grubbauer, Heigl, Hofer, Klinger, Steinbüchl und Sekely. Die Zeitschrift Österreichische Kunst von April 1933 widmete der Sezession einen ausführlichen Aufsatz, ausgestattet mit vielen Abbildungen und brachte eine besondere Besprechung des von Architekt Sekely erbauten Grazer Arbeitsamtes.
In diesem Jahr - 1933 - aber ersuchte Thöny, von seiner Wiederwahl als Präsident abzusehen, da er nicht wisse, wann er wieder nach Graz zurückkehren werde, worauf 1934 Alfred Wickenburg das Amt übernahm. Thöny wurde zum Ehrenpräsidenten auf Lebenszeit ernannt. Im selben Jahr erfüllte sich ein lang gehegter Wunsch der Sezession: Aus dem Werk von Alfred Kubin konnten 70 Bilder exponiert werden, was einen großen äußeren Erfolg bedeutete. Unter den Ausstellenden des Vereines finden wir erstmals die Namen von Rudolf Pointner, Fritz Aduatz und jenen des Plastikers Werner Seidl, eines besonders begabten Künstlers, der leider ein Opfer des Krieges werden sollte.
1936 wurden Mitglieder der Wiener Sezession zur Teilnahme an der 13. Jahresausstellung eingeladen; es gab noch eine besondere Sensation: Kunst im Straßenbild, 19 Entwürfe für eine künstlerische Ausgestaltung der Packstraße, eine Kollektivarbeit von Architekten, Bildhauern und Malern
. Sie machte viel Aufsehen und zog auch Aufträge nach sich, wie die Realisierung des Färbelungsplanes von Köflach sowie Arbeiten in Voitsberg und Gröbming. Auch am Zustandekommen der großen Ausstellung Ivan Mestrovic
war die Grazer Sezession maßgeblich beteiligt. In der letzten großen Jahresausstellung 1937, also ein Jahr vor der 1938 erfolgten Auflösung des Vereines durch den Nationalsozialismus, reihte sich Thöny mit dem Bild des Kardinals Verdier, Pariser und New Yorker Aquarellen und Zeichnungen wieder unter die Ausstellenden. Ein ausführlicher Bericht von Wolfgang Schneditz unterrichtet über die Fülle des Gezeigten: die Plastiken von Walter Ritter, die Bilder von Alfred Wickenburg, jene der jüngeren Mitglieder Pointner und Aduatz, über die Werke der Architekten Zotter, Hofer, Platzer, Gottwald, Hodnik und Eichholzer.
Vorträge und festliche Veranstaltungen waren auch weiterhin an der Tagesordnung. Bekannte Wissenschaftler sprachen über Kunst, wie die Universitätsprofessoren Wilhelm Suida, Viktor Geramb, Otto Siegl, Werner Hager, Julius Hartmann. Wolfgang Schneditz hielt Vorträge über moderne Kunst, über das Thema seines Buches Rilke und die Kunst
oder den Surrealismus
. Auch Musiker ergriffen das Wort, wie Ernst Krenek oder Arthur Michl. Der Zusammenarbeit mit der Grazer Urania folgte jene mit dem Musikverein bzw. dem Direktor des Landeskonservatoriums Hans Schmeidel, der für Feste und Veranstaltungen die Räume des Hauses zur Verfügung stellte. Wenn auch die Jahre politisch unsicher und voll von Problemen für den einzelnen wie für eine Gemeinschaft waren, fanden weiterhin die beliebten Tanztees und die Faschingsfeste statt, von denen die Kritiken begeistert und ausführlich erzählen. Der Flammende Griesstrudel
war ein Maskenfest der Sezession und des Musikvereins im Konservatorium. Die bunt durcheinander strudelnde Menschenmenge sollte die aus echtem Künstlerblut flammende Karnevalsfröhlichkeit am Gries genießen
, so lautet die Auflösung des geheimnisvollen Titels. Die phantasievollen Dekorationen besorgten die Sezessionisten, die auch für anderen Ulk verantwortlich waren. Später (1936) errang ein Künstlerfest unter der Devise Kränzchen
höchste Begeisterung; das Fest war eine Persiflage auf die Gartenlaube. Zu intimem Zusammensein lud 1937 Das Stachelschwein im Wespennest
ins Hotel Wiesler. Im Feber 1938 waren die Sezessionisten und ihre Gäste noch einmal unter der Devise Ein Saitensprung
zu einem Fest vereinigt. Im Jahre 1938 wurde die Kunst der Sezession als nicht tragbar erklärt und der Verein aufgelöst. In der Kameradschaft Steirischer Künstler fanden sich einige damalige Mitglieder der Sezession und anderer aufgelöster Vereinigungen zusammen und versuchten zu retten, was noch zu retten war. Einige und gerade die Besten zogen sich ganz von der Öffentlichkeit zurück, andere wieder fanden einen Kompromißweg, um den Kontakt mit der Öffentlichkeit nicht ganz zu verlieren oder um ihre Existenz zu erhalten. Eines aber muß hier besonders hervorgehoben werden: die gegenseitigen Hilfeleistungen unter den ehemaligen Mitgliedern. Besonders war es der Sekretär,Major Gustav von Scheiger, der als ehemaliger österreichischer Offizier noch immer über gute Verbindungen verfügte. Er hatte sich schon im Jahre 1934 für Axl Leskoschek mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln eingesetzt, als dieser verdächtigt bzw. mit einem Putsch in Verbindung gebracht wurde, was sich bald als unrichtig herausstellte. Die erhaltenen Briefe geben auch Einblick in Scheigers Bemühen, dem von den Nationalsozialisten verhafteten und zum Tode verurteilten Architekten Herbert Eichholzer zu helfen. Scheiger hat sich persönlich eingesetzt und den Verurteilten auch im Kerker besucht, was damals ein Wagnis war. Leider blieb jede Intervention vergeblich, Eichholzer wurde 1944 hingerichtet. 1956 hat Scheiger in der Zeitschrift Tagebuch
vom 3. November 1956 dem Freund einen langen Nachruf gewidmet Ist der Architekt Aichholzer vergessen?
und hat darin nicht nur seine besonderen Leistungen hervorgehoben. Vor allem spricht er vom außergewöhnlichen Menschen und von dessen traurigem Sterben.